Ausstellung
Leben und Wirken nach LutherAusstellung im CONFUGIUM Pouch
Kirche und CONFUGIUM Pouch
Der geistliche Stand
Der erste Evangelische Pfarrer in Pouch heißt Dominicus Beyer. Er tritt seinen Dienst im Jahre 1528 an. Zuvor ist der katholische Geistliche als Canonicus ins Kloster nach Wurzen gegangen.
Mit der Reformation sind zwei nachhaltige Reformen für den geistlichen Stand verbunden. Künftig dürfen alle Geistlichen heiraten und eine Familie gründen. Mit ihren Familien begründen sie die wechselvolle Geschichte des evangelischen Pfarrhauses. Dazu kommt die Pflicht der akademischen Ausbildung als Grundlage des geistlichen Dienstes. Verstand sich zu katholischer Zeit die Kirche als Heilsvermittlerin durch religiöse und rituelle Handlungen wie Sakramente, so erwarten die Gläubigen nun das Heil durch die Predigt des Geistlichen. „Geistliche sollten als „Lehrer des Christenthums“ nun selbst Gelehrte sein.“
Vom Pfarrer als „ersten Christen“ in der Gemeinde, wird erwartet, dass er lebt, was er verkündet, mit seiner Familie und lange und eindrückliche Predigten hält.
Pfarrerliste für Pouch
1. Dominicus Beyer (ca. 1480–1554) ab 1531–1554
2. M. Petrus Nicolaus aus Wittenberg () 1555–1590
3. Johannes Jacob(i) (1557–ca. 1619) 1590–1610
4. M. Johannes Schneider aus Butterfeld (1579–1633) 1610–1623
5. Paulus Weiße (+19.07.1659 im Alter von 70 Jahren) 1623–1659
6. Gottfried Brenner (1609–1668) 1660–1668
7. M. Philipp Jacob Weis/ßke/ Weiskius (–1692) 1668–1692
8. Andreas Rosenhayn (Rosenhahn) (1666–1717) 1692–1717
9. George Gottfried Richter / Schwiegersohn von A. Rosenhayn (1688–1768) 1718–1768
10. Wilhelm Gottfried Richter / Sohn von Georg Friedrich Richter (1724–1795)
1751 Substituent des Vaters, 1768–1795 Pfarrer
11. Carl Leberecht Richter /Sohn von Wilhelm Gottfried Richter (1763–1809) 1790–1797 Substituent des Vaters, 1797– 1809 Pfarrer
12. M. Johann Gottlob Carl Martius (1766–1848) 1809–1841
13. Friedrich Ferdinand Stange (1808–1892) 1841–1863 (wegen Halsleiden)
14. Julius Karl Kessel (1822–1883) 1864–1883
15. Walter Flügel (1849–1918) 1883–1919
16. Rudolf Rötger/Roetger / Schwager von Walter Flügel (1879–1957) 1919–1927
17. Siegfried Gotthilf Reinhold Gurr (1895–unbek.) 1927–1928
18. Wilhelm Usener (1875–1947) 1929–1933
19. August Paul Wilhelm Nuglisch (1895–1944) 1934–1943
20. Helmut Gustav Albert Kramer (k.A.) 1944–1945
21. Friedrich Wilhelm Oskar Wilding (1913–2010) 1946–1953
22. August Nebe (1893–1963) 1954–1963
23. Dieter Schenke (1936–2016) 1964–1997
24. Eva–Maria Osterberg (1962–) 1998–2001
25. Albrecht Henning (1968–) 1998 und ab 2001–2011
26. Eckhart Friedrich (1966–) Entsendungsdienst von 2008–2011
27. Bettina Lampadius–Gaube (1969–) 2011–
Wenn Priester ehelichen
Luther forderte 1521 zuerst in seiner Adelsschrift und dann in „De votis monasticis“: „Werdet andere Mönche und Nonnen oder lasst Kloster und Kutten liegen und werdet wieder Christen.“ Eine Austrittswelle er- fasste die Klöster, viele Nonnen und Mönche heiraten.
Für die größer werdenden Familien müssen Pfarrhäuser gebaut werden. Das nachweislich erste ist für Pouch 1596 belegt. Das heutige Pfarrhaus mit Wirtschaftsgebäuden wird unter Pfarrer Friedrich Ferdinand Stange 1844/45 errichtet.
Viele segensreichen Erinnerungen an die Pfarrfrauen, oft auch Frau Pfarrer oder Frau Pastor genannt, werden in der Gemeinde von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Von Frau Nebe heißt es. Von Anfang hatte sie sich fest an die Seite ihres Mannes gestellt. Als „Pfarrfrau“ begleitete sie ihn
bei seinen Besuchen in der Gemeinde, nahm an freudigen und leidvollen Begebenheiten in den Familien teil und war ihm Partner und Berater in manchen wichtigen Entscheidungen. Die Pfarrfrau engagierte sich im Kirchenchor, den sie einige Jahre leitet… . Am Sonntag, 20.10.1963, hält August Nebe am Nachmittag seinen Abschieds-Gottesdienst im Filialdorf Rösa und macht mit seiner Frau einen Abschiedsbesuch bei einem kranken Gemeindeglied. Mit dem Fahrrad zurückkehrend, wird er kurz vor Ortseingang Pouch von einem PKW erfasst und tödlich verletzt
Kleider machen Pfarrer
Heute erkennt man protestantische Geistliche an ihrer Bekleidung mit schwarzem Talar und weißem Beffchen.
Am Frauentalar findet sich meist oben nur ein weißer Kragen. Das Tragen eines Beffchens war ihnen lange Zeit verwehrt. Männertalare dagegen haben immer ein Beffchen. Dieses Beffchen geht auf einen ursprünglichen Bartschoner zurück. Der Schnitt des Beffchen verrät heute die Konfession des Trägers.
Sind beide Streifen geschlossen, steht vor einem ein reformierter Theologe, sind beide ganz geöffnet, dann ist der Träger Lutheraner und ist es halb geschlossen, steht ein Angehöriger der unierten Landeskirche vor einem.
Genealogien
In Pouch wohnten und arbeiteten 117 Jahre Andreas Rosenhayn (Rosenhahn) und seine Nachkommen im Pfarrhaus. Dies war keine unübliche Entwicklung, gingen doch aus der Ehe seiner Tochter Susanna Sophia mit dem neuen Pfarrer zu Pouch, George Gottfried Richter, 10 Kinder hervor, von denen 3 als Pfarrer in der Region blieben.
Der verheiratete, mit Kinderreichtum gesegnete Pfarrer, der kunstsinnig wie landwirtschaftlich bewandert sonn- tags wortgewaltig von der Kanzel predigte, bestimmte für Jahrhunderte visuell wie narrativ das Bild des Land- geistlichen und die Vorstellungen vom evangelischen Pfarrhaus.
Dazu ist nach 1900 statistisch erwiesen, dass aus Pfarrfamilien weit überproportional viele bedeutende Persönlichkeiten hervorgegangen sind. Was immer die Gründe dafür waren – das Bildungsprogramm „Pfarrhaus“ schien sich als Erfolgsmodell bewährt zu haben. Seine Wortkultur begünstigte angehende Dichter, Philologen und Historiker, ja akademische Karrieren ganz allgemein.
Statusfragen
„Diese Exklusivität bezog sich zum einen auf ein altbürgerliches Selbstverständnis, das sich im 19. Jahrhundert auf bescheidener ökonomischer Grundlage, aber umso bildungs- und sittenstolzer vom schnöden Geldbürgertum‚ abgrenzte – und sich deshalb sehr gern selbst als Maßstab eigentlicher Bürgerlichkeit ansah.“ (Leben nach Luther S.77)
Auf dem Dorf bildete das Pfarrhaus neben dem Schloss den Stützpunkt für bürgerliches Leben. Deshalb wurde vom Pfarrer erwartet, ein Pionier bürgerlicher Gesittung zu sein, nicht Bauer unter Bauern. Sichtbar wird dies u.a. an der getragenen Kleidung.
Zur rechten Lebensform einer Pfarrfamilie gehörte die musische wie literarische Bildung. Wurde einst erwartet, dass die Pfarrfamilie von Tanzvergnügen, Theaterbesuchen und Glücks- spiel Abstand nimmt, zogen fröhliche Faschingsfeste im ganzen Haus mit Pfarrer Dieter Schenke ein.
Ein Seelenhaushalt
Der Pfarrhaushalt bestand aus dem Pfarrer als Hausvater, der Pfarrfrau, den Pfarrerskindern und Bediensteten. Bescheiden auskömmlicher Hausstand, sorgloses Familienglück, Muße für gelehrte Liebhabereien – dieses stilisierte Bild prägte die Vorstellung vom Pfarrhausleben für die Folgezeit. Mancher Amtsinhaber musste erfahren, wie wenig dieses „Idyll“ mit der Realität gemein hatte.
Das Leben als Bühne
Bühne für seine Bewohner.
Sowohl Pfarrer und ihre Familien befanden sich damit permanent im Praxistest. Vielfach wurde das Pfarr- haus auch als Gemeindehaus genutzt.
Pfarrer, Pfarrfrau, Pfarrerskinder
Im Kosmos des Pfarrhauses war die Studierstube Rückzugsort und geistliche Rüstkammer des Pfarrers – vollgestopft mit Büchern, Schreibtisch, Stehpult und den versammelten Familienerinnerungen an den Wänden. Die väterlich-patriarchalische Autorität war allgegenwärtig, der Wirkungskreis der Pfarrfrau auf häusliche und erzieherische Aufgaben beschränkt.
Das Christentum kennt keine Tradition weiblichen Priestertums. Das Weib habe in der Gemeinde zu schweigen: Dieses Pauluswort wurde zum prinzipiellen Gebot. Im Protestantismus war der Titel „Frau Pfarrer“ oder „Frau Pastor jahrhundertelang der Pfarrfrau zugewiesen.
Das geistliche Amt als Pfarrerin/Pastorin stand im Bereich der ehemaligen Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen Frauen seit 1923 offen. Sie wurden eingesegnet aber nicht ordiniert, durften nicht heiraten, bekamen Sonderaufgaben an Frauen und Kindern und hießen Pfarrvikarin ein Leben lang. Die erste verheiratete Theologin wurde 1963 ordiniert.
Von der Pfarrökonomie
bis ins 20. Jahrhundert hinein selbst bestellen.
Die Kirchenleitung warnt deshalb vor einer „Verbauerung“ des Landpfarrers.
Hatte der Pfarrer ein respektables Ansehen, so schlug ihm gleichsam Unmut entgegen aufgrund der für ihn zu leistenden Spann- und Fuhrdienste und der Zehntabgaben. Hinzu kamen Gebühren für kirchliche Amtshandlungen (Stolgebühren).
Pouch galt laut Visitationsbericht immer als gut aus- gestattete Stelle. Dennoch wirtschafteten alle Pfarrer in der Landwirtschaft, um der Familie ein auskömmliches Einkommen zu er- möglichen.
Kirchenkampf
Diese Ausstellung wurde erstellt von Mitgliedern der Kirchengemeinde Pouch und Pfarrerin Bettina Lampadius-Gaube. Die vollständige Ausstellung kann vor Ort in Pouch besichtigt werden.
Sie ist inspiriert und orientiert sich an der Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin „Leben nach Luther“.
Wir danken für die Zusammenarbeit und Zuarbeit: Adelheid Ebel, Judith Heimann, Katrin Hopfe, Lena Koch, Anita Most, Wolfgang Nebe, David Nuglisch, Bettina Plötner-Walter, Friedburg Unger, Elisabeth Walter, dem Landesamt für Denkmalpflege und v.a..
Design der Plakate: Stephan Arnold
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